Ikoone: „Rohöl der Zukunft und Hummus der Digitalisierung“

Der Gleisdorfer Big-Data-Spezialist Ikoone entwickelt ein bis dato einzigartiges globales Warnsystem für Naturgefahren. Gründer Hans Pfeiffer spricht über die Rolle Europas im Megatrend Open Data.
Digitalisierung
Satellit
Gründung: 2016
Beschäftigte: 4
Standort: Gleisdorf
Website: www.ikoone.com

Öffentlich nutzbare Daten bilden die Wurzel der digitalen Transformation. Je mehr öffentliche Informationen wie Wetter, Geodaten, Statistiken, Kataster oder Verkehrsinformationen verfügbar sind, desto mehr neue disruptive Geschäftsmodelle entstehen. „Daten sind das wertvollste Wirtschaftsgut. Daten im Wert von einem US-Dollar generieren eine Wertschöpfung von über 100 US-Dollar,“ erklärt Hans Pfeiffer.

Lange Tradition in den USA

Und Dollar ist auch das passende Stichwort. Pfeiffer: „Der angelsächsische Raum und Europa haben völlig unterschiedliche Zugänge zu Open Data. In den USA, GB und Australien etwa ist man der Auffassung, die Daten werden auf Kosten des Steuerzahlers erhoben und gehören deshalb auch dem Steuerzahler. Deshalb ist der überwiegende Anteil öffentlich zugänglich.“ Die Vielzahl an verfügbaren Informationen fungiert als Innovationstreiber in puncto Digitalisierung und künstliche Intelligenz. „Die angelsächsischen Märkte boomen.“

Hans Pfeiffer, Gründer & Consultant

Wasserqualität &Verkehrsstromdaten

Europa nimmt eine viel konservativere Haltung ein. „Die gesellschaftlich relevanten Daten sind mehrheitlich Eigentum des Staates und unter Verschluss, denken Sie beispielsweise ans Grundbuch, Kataster, an Gesundheitsdaten, Verkehrsströme, Umweltdaten wie Wasserqualität oder das Unternehmenesregister. Wir müssen uns die Frage stellen, inwieweit wir uns damit bei der digitalen Transformation und neuen Businessmodellen selbst im Weg stehen. Wollen wir den Trend international mitgestalten oder nur hinterherhinken?“ Die von den G8-Staaten im Jahr 2013 beschlossene „Open Data Charta“ (also das Commitment zur gemeinsamen Nutzbarmachung und Nutzung öffentlicher Daten) sei bislang eher eine Absichtserklärung und würde noch zu zögerlich vollzogen.

Segeln auf 100 Meter ungenau

Das Interesse an Data Science, speziell an räumlich bezogenen Daten, erwachte beim Steirer in Jugendjahren, „Mitte der 90er beim Segeln. Es waren die Anfänge der Navigation per GPS. Die Messungen waren auf 100 Meter ungenau, heute sind wir im Zentimeterbereich. Enge Hafeneinfahrten konnten damals schon zur Herausforderung werden.“ Als die ersten elektronischen Karten aufkamen sah Pfeiffer das Potenzial der neuen Technologie.

2003 verschlug es den Geoinformatiker im Rahmen eines Studienaufenthalts nach Baton Rouge an die Louisiana State University. Er beteiligte sich an einem Projekt der Federal Emergency Management Agency (FEMA), die Naturgefahren evaluiert und Evakuierungsstrategien entwirft. Projektinhalt war ein Notfallplan für die Evakuierung von New Orleans im Fall eines Hurrikans.“ Die Dichte an Datenmaterial ließ eine detaillierte Ausarbeitung der Rettungsabläufe zu: „Wir wussten, wo alleinerziehende Frauen mit Kindern, Ältere oder gehbehinderte Menschen wohnten. Wir wussten, wo welche Überflutungen und Schäden zu erwarten waren. Deshalb konnten wir planen, in welcher Reihenfolge wo welche Einsatzeinheit in Aktion treten sollte.“ Dass die Katastrophensimulation ein Jahr später tragische Wirklichkeit werden würde, damit rechnete freilich niemand.

Waldbrandkarte

Fast zwanzig Jahre später ist er selbstständiger Unternehmer mit dem Kerngeschäft räumliche Daten, also Informationen mit Koordinatenbezug. Er speichert, analysiert und be- bzw. verarbeitet sie für seine Kunden. Ein aktuelles Projekt für die Europäische Kommission beschäftigt sich mit Naturgefahren, allen voran weltweiten Waldbränden. Ziel ist ein besseres internationales Katastrophenmanagement, das etwa europaweite Löschflugzeugflotten sinnvoll koordiniert. „Wir kombinieren umfangreiche Open Data Sets wie die Open Street Map, Soziale Medien oder Satellitendaten und erstellen eine globale Waldbrandkarte. Sie wird viermal täglich aktualisiert. Kein Mitbewerber kann das derzeit leisten.“

Open Data in der SFG

Das Projekt DEAS – Data Economy Alps Strategy entwickelt eine ganzheitliche Datenstrategie für den europäischen Alpenraum. Am mit 1,9 Millionen Euro ERDF-geförderten Projekt sind 12 Konsortialpartner aus fünf verschiedenen Ländern beteiligt, darunter die SFG. In laufenden Pilotprojekten widmet sich DEAS der Frage, wie Open Data anwendungsorientiert und datenschutzkonform zu nutzen sind. Ziel sind Bewusstseinsbildung, Bereitstellung und Anwendung von Open Data/Linked Open Data (OD/LOD) für neue Geschäftsmodelle.

Open Data – die Definition

Offene Daten sind sämtliche Datenbestände, die im Interesse der Allgemeinheit der Gesellschaft ohne jedwede Einschränkung zur freien Nutzung, zur Weiterverbreitung und zur freien Weiterverwendung frei zugänglich gemacht werden. Die wissenschaftliche Literatur zitiert beispielhaft Lehrmaterial, Geodaten, Statistiken, Verkehrsinformationen, wissenschaftliche Publikationen, medizinische Forschungsergebnisse oder Hörfunk- und Fernsehsendungen. Bei Open Data kann es sich über Datenbestände staatlicher Stellen hinaus auch um Daten privatwirtschaftlich agierender Unternehmen, Hochschulen sowie Non-Profit-Einrichtungen handeln. (Quelle: Wikipedia)