RobotDreams: „So ein Netzwerk habe ich noch nie erlebt.“

Von der Ostsee zum Grazer Science Park: RobotDreams-CEO Ulrich Weigelt über deren revolutionäres KI-basiertes System zur Herzinfarkt-Diagnose und die Steiermark als neue Startup-Heimat.
Digitalisierung F&E GründerInnen und Startups Health-Tech
Ulrich Weigelt

Was macht RobotDreams?

Wir haben ein System zur Früherkennung von Herzinfarkt mittels KI entwickelt. Bei Verdacht auf einen Herzinfarkt werden heute mehrere EKGs sowie Blutuntersuchungen gemacht. Der Troponinspiegel gilt hier als aussagekräftiger Biomarker für einen eventuellen Infarkt. Diese Tests brauchen aber Zeit, etwa sechs bis neun Stunden, auch weil mehrere Blutabnahmen notwendig sind, wobei deren Genauigkeit bei der Spezifität bei maximal 70 Prozent liegen. Das bisherige Verfahren zur Erkennung eines Herzinfarktes dauert also lange und ist nicht sehr genau.

Wie wollen Sie das ändern?

Bei der Erstuntersuchung des Blutes fallen eine große Anzahl an Daten bezüglich der weißen Blutkörperchen an, die bisher bei Blutanalysen nicht beachtet wurden. Wir wandeln diese Daten mittels unserer KI-unterstützten Software in ein Format um, das eine aussagekräftige Herzinfarkt-Diagnose mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 94 Prozent ermöglicht – und das alles innerhalb einer Minute. Wir könnten unzählige Leben retten und würden vielen Patientinnen und Patienten – und damit auch dem Gesundheitssystem – unnötige Hospitalisierungen ersparen.

Wer steckt hinter RobotDreams und wie kam es zu dieser Entwicklung?

Die Idee hatte Aleksandr Pushkin als Laborleiter in einem Krankenhaus in St. Petersburg. Zusammen mit dem Hamburger KI-Experten Dimitrij Shulkin entwickelte er das System. Die beiden suchten jemanden, der den Vertrieb und das Marketing übernimmt und fanden mich. Mein Part bei RobotDreams ist es, das System auf den Markt zu bringen. In diesem Bereich habe ich jahrzehntelange Erfahrung im IT-Bereich und mit Startups.

Ihr Lebens- und Arbeitsmittelpunkt lag in Timmendorf an der Ostsee. Was hat Sie nach Graz geführt?

Gestartet haben wir in Deutschland. Dabei waren wir auf der Suche nach Partnerkliniken für erste Studien, um unser System zu testen. In Deutschland ernteten wir dabei unverständlicherweise viel Skepsis. Also suchten wir nach Möglichkeiten im Ausland und stießen an der MedUni Graz bei Andreas Zirlik und Heiko Bugger auf offene Ohren. Ich bin sehr beeindruckt, wie hervorragend hier in der Steiermark das Netzwerken funktioniert. Der Medizincluster Human.technology Styria hat uns quasi an der Hand genommen und hier im Science Park Graz haben wir eine perfekte Infrastruktur für unseren Start vorgefunden.

Wie geht es weiter mit RobotDreams?

Wir sind seit 2022 hier in Graz und haben bereits Investoren für unsere große Marktzulassungs-Studie gewonnen. Innerhalb von zwei Jahren Laufzeit werden wir Daten von etwa 2.800 Patientinnen und Patienten sammeln. Wir rechnen 2026 mit einer Zulassung in der EU, in den USA aufgrund vereinfachter Zulassungsbestimmungen eventuell schon etwas früher.

Was macht die Steiermark zur Startupmark?

Extrem positiv empfinde ich das Netzwerk und die wirklich exzellente Beratung von Steirischer Wirtschaftsförderung SFG und Österreichische Förderungsgesellschaft FFG, auch bezüglich europäischer Förderungsmöglichkeiten. So eine Schnelle und Breite des Netzwerkens ist für mich bemerkenswert und ich habe es so auch noch nicht erlebt. Auch haben meine Frau und ich unseren Lebensmittelpunkt hierher nach Graz verlegt und bereuen es keine Sekunde.

Wo gibt es Verbesserungspotenzial?

Das sehe ich vor allem in der Grundstruktur der Arbeitssituation. Großzügige kollektivvertragliche Regelungen sind grundsätzlich eine gute Sache, erschweren aber Startups, die sowieso meist mit einer angespannte Kapitalsituation konfrontiert sind, den Start in eine erfolgreiche Zukunft. Wünschenswert wären hier Ausnahmen für neu gegründete Unternehmen.

Was sollten Startups generell beachten?

Mein Tipp: Wenn Startup, dann zu hundert Prozent. Ein Unternehmen neben dem fixen Job zu gründen, funktioniert meistens nicht. Ich habe es mehrmals probiert. Irgendwann kommt der Punkt, an dem man sich entscheiden muss. Wenn man eine Familie zu versorgen hat, wird das dann schwierig. Also vorher um die Finanzierung kümmern und dann voll hinein ins Unternehmen. Der zweite Tipp: Kenne den Markt! Es gibt viele Gründerinnen und Gründer mit super Produktideen, die aber keine Ahnung von Vertrieb, Marketing und dem grundsätzlichen Weg in den Markt haben. Hier braucht es durchdachte Strategien und die Hilfe von Profis.

Wir machen die Steiermark zur Startupmark