DIGGERS: Wie man mit Daten einen Pool heizt

Dezentralisieren, dekarbonisieren, digitalisieren: Drei Unternehmensgründer aus Murau erfinden Rechenzentren neu und machen Cloud-Computing grün, regional und sicher.
Michael Fussi und Robert Unterweger
Gründung: 2019
Unternehmenssitz: Scheifling
SFG-Förderung: Ideen!Reich

Fluch und Segen der Digitalisierung: Sie macht Prozesse effizienter und spart Energie, ist aber auch selbst Großemittent von Treibhausgasen. So verbrauchen Rechenzentren weltweit bis zu 650 Terawattstunden Strom im Jahr – etwa der Stromverbrauch von ganz Deutschland. 20 bis 50 % des Energiebedarfs eines Rechenzentrums entfallen dabei allein auf die Kühlung der Prozessoren. „Der Datenhunger wird immer größer. Ständig werden weitere große zentralisierte Rechenzentren auf der Welt errichtet. Ohne revolutionäre Lösungen in diesem Bereich sind die Klimaziele nicht zu schaffen“, erklärt Michael Fussi, Automatisierungstechniker aus dem Bezirk Murau, der den Befund als Auftrag nahm und seit Jahren an einer disruptiven Lösung arbeitet. Gemeinsam mit dem Maschinenbau- und Kühltechnik-Spezialist Robert Unterweger sowie IT-Systemengineer und Netzwerkspezialist Armin Pipp entwickelte er eine neue Generation von Rechenzentren. Das Ergebnis: DIGGERS, eine grüne Cloud-Lösung mit dezentralen Standorten und hoher Ausfallssicherheit. „Herzstück von DIGGERS ist eine patentierte Wärmetauscherlösung, die es ermöglicht, die Abwärme eines Rechenzentrums in einen bestehenden Wärmekreislauf vor Ort einzubinden – etwa in einem Hotel, um einen Pool zu heizen, oder einem Industriebetrieb, um Prozesswärme zu unterstützen“, nennt Fussi zwei konkrete Beispiele. „Statt wie in einem herkömmlichen System Abwärme mit viel Aufwand zu vernichten, können wir mit unserer Lösung diese Abwärme nutzen und sparen damit CO2 und Kosten ein.“ Dazu kommen noch weitere klimafreundliche Effekte – etwa die Reduktion fossiler Energieträger beim Standortpartner vor Ort oder der Entfall des gesamten Aufwands für Kühlsysteme. „Unterm Strich wirkt unsere Lösung nicht nur klimaneutral, sondern sogar klimapositiv“, betont Fussi.
Der entscheidende Faktor: Anders als herkömmliche Großrechenzentren in zentralisierter Bauweise setzt DIGGERS auf ein Netzwerk kleiner, dezentraler Rechenzentren an unterschiedlichen Standorten. „Dieses Geo-Clustering hat den Vorteil erhöhter Ausfallssicherheit und hoher Verfügbarkeit. Gerade in Zeiten immer wichtigerer Blackout-Vorsorge ein entscheidendes Argument.“

Cloud ohne US-Zugriff

Auch die Wahl der Standorte ist wichtiger Teil des Gesamtkonzepts. „Wir stellen unsere Server-Boxen an Orten mit entsprechendem Wärmebedarf auf – ob Hotellerie, Gastronomie, Industrie oder kommunale Gebäude. Wir konnten bereits ausreichend Standortpartner für die nächsten Jahre sichern.“ Weiteres Plus: „Wir sind zu 100 % DSGVO-konform. Unsere Daten verbleiben, anders als bei vielen großen Rechenzentren, innerhalb des heimischen Rechtsraums – keine US-Firma hat darauf Zugriff“, so Fussi. „Damit bieten wir eine Reihe von Vorteilen am Markt für unser Serverleistungen.“

„Große Rechenzentren verursachen enorme CO2-Emissionen. Unsere Cloud-Lösung ist nicht nur nachhaltig und grün, sondern erhöht die Ausfallssicherheit und Verfügbarkeit.“
Michael Fussi, DIGGERS-Gründer und Geschäftsführer

Der Betrieb der Rechenzentren ist auch das Hauptgeschäft von DIGGERS, das Angebot von Wärmeleistungen bildet den zweiten Erlösstrom. „Der Bedarf an Cloud Computing steigt enorm. In den nächsten vier Jahren wird sich der globale Umsatz mit Cloud-Lösungen von derzeit 30 auf 64 Mrd. Euro verdoppeln. Auch immer mehr KMU verlagern ihre IT in die Cloud – der Trend zu Home Office und New Work verstärken diesen Trend ebenso wie immer höhere Anforderungen durch Big Data, 3D-Daten oder Künstliche Intelligenz. Das ist auch der Grund, warum wir in unseren Rechenzentren besonders leistungsfähige GPU, als Grafikkarten, einsetzen“, so der Geschäftsführer des Unternehmens mit Sitz in Scheifling. „Durch unsere Erfahrung in der IT-Branche kennen wir alle Herausforderungen der Endkunden und haben eine flexible Multi-Cloud-Lösung entwickelt, die sich perfekt an die Anforderungen der digitalen Transformation von KMU anpasst. “ Als Zielgruppe besonders im Fokus: KMU im Bereich Graphik, Design und Rendering sowie Firmen der Baubranche, die durch die Verwendung von BIM ebenso einen steigenden Bedarf an Datenverarbeitung haben.

Prominenter Business Angel

„All diesen Firmen bieten wir einfache und schlüsselfertige Lösungen, auch das Onboarding funktioniert denkbar einfach. Unsere Ansprechpartner bleibt stets der IT-Dienstleister des Unternehmens, der auch den First-Level-Support übernimmt“, erklärt Fussi.
Längst vom Geschäftsmodell überzeugt ist auch Christoph Leitl, Präsident der Europäischen Handelskammerverbands Eurochambres und ehemaliger Präsident der Österreichischen Wirtschaftskammer, der seit kurzem als Business Angel und strategischer Investor mit an Bord ist. „Zudem steht die nächste Finanzierungsrunde unmittelbar bevor. Das Kapital werden wir für das Marketing und das weitere Unternehmenswachstum einsetzen. Erste Kunden konnten wir bereits überzeugen – das Potenzial ist riesig, dahern arbeiten wir mit Hochdruck an der Marktbearbeitung“, so Fussi. Auch die SFG förderte das Unternehmen mit der Förderaktion „Ideen!Reich“.

Ideen!Reich

Innovationsförderung: für intelligente, sinnvolle & spritzige Ideen