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14. Januar 2021

Mit „Franciscus“ die Skiberge bezwingen

... mit Millioneninvestitionen den Boden der Realität bestellen und das alles mit Roggenunverträglichkeit – wir sprachen mit Martin Auer über seinen Brotberuf und Broterwerb.
Martin Auer
Martin Auer

Das neue Jahr ist noch nicht sehr erlebnisreich, aber ein sehr ereignisschweres, bewegtes Jahr liegt jetzt hinter uns: Wie haben Sie diese sehr speziellen Fest- und Feiertage erlebt?

Nachdem der Kontakt zu Freunden und Bekannten gleichsam weggefallen ist, hatten meine Frau und ich eine Woche lang eine intensive Zeit mit unseren drei Söhnen – aus diesem Grunde, sehr schön!

Was kommt im Hause Auer am liebsten auf den Tisch?

Jeder in der Familie hat unterschiedliche Vorlieben. Daher haben wir uns einfach generell auf viel Abwechslung geeinigt. Wir bevorzugen jedenfalls biologische Produkte. Dass wir regelmäßig auch Fleisch essen, sehe ich aus ethischen Gründen für uns noch als das größte Manko. Zumindest setzen wir auch beim Fleisch nach Möglichkeit auf Bioqualität.

War der Broterwerb mit Brot für Sie bereits vorbestimmt oder auch ein wenig selbstbestimmt?

Meine Entscheidung, Bäcker zu werden fiel sehr spät. Mit 30 Jahren konnte ich Roggen noch nicht einmal von Weizen unterscheiden, abgesehen davon, dass ich auf Roggen allergisch bin. Das Interesse am Handwerk ist eigentlich erst gewachsen, als ich mich längst anders orientiert hatte. Zu der Zeit als mein Vater langsam an die Pension zu denken begann, wuchs in mir immer stärker das Gefühl, dass dem Brot eine angemessene Wertschätzung komplett fehlt. Tatsächlich lag Brot vor 10 Jahren sprichwörtlich am Boden. In der Hoffnung das ändern zu können, habe ich als Spätberufener das Handwerk gelernt und meinem Vater sein Unternehmen abgekauft.

Das Biobrot "Franciscus"

In einem Interview stand einmal zu lesen, Sie nehmen Ihre Arbeit auch mal mit in den Urlaub, wie muss man sich das vorstellen, mit dem Sauerteig in den Süden?

Mit Sauerteig in die Berge, ja. Denn der Sauerteig will gepflegt werden. Und als ich am Sauerteig für unseren „bio Franciscus“ gefeilt habe, wollte ich das nicht abbrechen. Also blieb dann nichts Anderes übrig als mit in den Skiurlaub.

Wenn man sich diverse Ernährungstrends, wie die Low-Carb-Bewegung ansieht, könnte man meinen, auch der Genuss von Brot steckt ein wenig in der Krise, wie erleben Sie das?

Diese Wahrnehmung teile ich nicht. Die Nachfrage nach unserem Brot steigt. Ernährungstrends empfinde ich eher als Ernährungsmoden. Es geht in Wahrheit doch um die Frage gesund oder ungesund.

Welche wesentlichen Veränderungen, die wir derzeit durch die weltweite Pandemie verspüren, sind ihrer Meinung nach gekommen um zu bleiben?

Wenn uns die Impfung von den notorischen Problemen hoffentlich bald befreien wird, pendeln sich die Menschen bis auf Kleinigkeiten wieder auf das Leben wie bisher ein. Wir sind träge.

Vielerorts verspürt man jetzt durchaus, gerade am Beginn eines neuen Jahres, Tendenzen in Richtung Optimismus, was gibt Ihnen Zuversicht?

In Zukunft hoffentlich wieder einigermaßen selbstbestimmt agieren zu können.

Martin-Auer-Filiale in Fernitz

Sie werden 2021 sehr kraftvoll investieren, wie sehen Ihre Ziele dazu aus, was kann dazu schon verraten werden?

Erst einmal steht die Finalisierung unserer Rieseninvestition in unser Atelier vor der Fertigstellung. In unsere neue Zentrale werden bis zum April 23 Millionen Euro geflossen sein. Darüber hinaus investieren wir in neue Filialen bzw. Filialumbauten. Das größte Investment an Zeit und Aufmerksamkeit fließt aber in uns selbst. Die Kolleginnen und Kollegen unseres Unternehmens. Wenn wir das aus den Augen verlieren, dann werden wir uns qualitativ nicht entwickeln können.

Als erfahrener Unternehmer, was würden Sie einem Neuling, Starter, Rookie als wichtigsten Tipp für seinen unternehmerischen Erfolgsweg mitgeben wollen?

Entscheidend ist, sich zu allererst der Frage zu widmen, warum ich ein Beginner, Starter werden möchte. Dieser Frage wirklich auf den Grund zu gehen hilft, wenn man weiß, dass dieser Schritt mit viel Mühe, Arbeit, Ärger und oft leider auch Sorgen verbunden ist. Wenn man für eine Sache wirklich brennt und keine Möglichkeit sieht, sich unselbständig voll entwickeln zu können, dann sollte man den Schritt jedenfalls setzen. Aus welchen wahren Ursachen eine Zukunft auch beim besten Arbeitgeber nicht klappen würde, sollte man dennoch ehrlich und gewissenhaft ergründen.

Wenn man sich in der Branche und auch im Stadtbild aufmerksam umsieht, bemerkt man durchaus ein gewisses Benchmarking, also ein Maß nehmen an Initiativen, die von ihrem Unternehmen ausströmen, wie empfinden Sie diese Rolle als role model?

Wir nehmen sie meist mit einem Schmunzeln an….

Endlich einmal das „letzte Wort“ haben:
Martin Auer vervollständigt unsere Satzanfänge …

  • Die heimische Wirtschaft wäre gut beraten … stärker an ihre soziale Verantwortung zu denken und gleichzeitig auch unbedingt mehr Liberalismus einzufordern.
  • In den letzten Monaten hat mich am meisten überrascht … wieviel mich überrascht hat.
  • Für mich selbst habe ich gelernt … langsamer zu gehen.
  • Am meisten vermisst habe ich … Unbeschwertheit.

Vielen Dank für das Gespräch!