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26. November 2025

Blutdiagnostik ohne Labor: Neues Mikrofluidik-Pflaster ermöglicht präzise Tests von HIV und Syphilis direkt vor Ort

Ein internationales Forschungskonsortium entwickelt derzeit eine neuartige Diagnostikplattform, die Blutuntersuchungen direkt bei PatientInnen ermöglichen soll – ohne Laborausrüstung, ohne Stromversorgung und mit hoher Präzision.
Anja Haase und Laura Angermann-Krammer
Anja Haase und Laura Angermann-Krammer

Im EU-Projekt FORTIFIEDx sind gleich 3 Forschungsinstitutionen der Steiermark beteiligt: Joanneum Research, die Montanuniversität Leoben und das Polymer Competence Center Leoben.

Kernstück des innovativen Diagnostikverfahrens ist ein mikrofluidischer Teststreifen, der mit einem einfachen Fingerdruck aktiviert wird und Kapillarblut selbstständig dosiert, verarbeitet und analysiert.

Die Idee der Forschenden ist, dass die Blutabnahme dabei über winzige Nadeln erfolgt, die schmerzfrei in die Haut eindringen und eine definierte Menge Kapillarblut entnehmen. Dieses wird in einem geschlossenen Mikrokanalsystem exakt dosiert, gemischt und zu verschiedenen Detektionszonen geleitet. Ventile im Inneren des Testsystems steuern den Fluss rein mechanisch – ganz ohne externe Pumpe oder Stromversorgung. Das System ist damit besonders robust und mobil einsetzbar.
Die Herstellung des Schnelltests erfolgt im Rolle-zu-Rolle-Verfahren mittels UV-Nanoimprint-Lithografie. Darauf ist Joanneum Research in Weiz (MATERIALS – Institut für Sensorik, Photonik und Fertigungstechnologien) spezialisiert. Anja Haase, Projektleiterin seitens Joanneum Research erklärt die Vorteile: „Dieses Verfahren ermöglicht die parallele Mikro- und Nanostrukturierung großflächig, mit einer hohen Durchsatzrate und geringen Stückkosten. Wir können Biofunktionalisierung und das Verschließen der Teile direkt in den Prozess integrieren. Dadurch wird eine industrielle Fertigung effizient und die Innovation als Produkt skalierbar.“

Aktuell wird das System mit Tests auf hochinfektiöse und sexuell übertragbare Krankheiten (z. B. HIV, Syphilis, Ebola und Lassa) validiert. Der angestrebte Anwendungsbereich reicht von der täglichen Routinediagnostik bis hin zum Kriseneinsatz bei Ausbrüchen oder in Regionen ohne Laborinfrastruktur.

Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie sehr Diagnostiklösungen abseits zentraler Labore gebraucht werden. Mit seinem portablen, selbstversorgten System schließt dieses Projekt eine diagnostische Lücke – sowohl im öffentlichen Gesundheitswesen als auch in globalen Notfallsituationen. Gleichzeitig stärkt es die europäische Kompetenz in der Forschung und Massenproduktion medizintechnischer Lösungen. LIFE, das Institut für Klima, Energiesysteme und Gesellschaft der Joanneum Research, berechnet in einer Life-Cycle-Analyse den Umwelteinfluss der neuen Schnelltests.