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8. Oktober 2020

Bettina Stein, Leiterin des BIC-Bildungscenters, zu Triebfedern, Fittichen und Flaggschiffen

„Das Schönste ist, wenn ich in Unternehmen komme und es sitzt eine ehemalige Mentee in Führungsposition vor mir und das passiert sehr oft!”
Portrait Bettina Stein
Bettina Stein, Leiterin des BIC-Bildungscenters

Einer aktuellen IBM-Studie zufolge beruht beruflicher Erfolg lediglich zu 10 Prozent auf Wissen und Qualifikation, zu weiteren rund 30 Prozent auf dem eigenen Image, aber beträchtliche 60 Prozent bewirkt der Faktor „Beziehung“. Also, wer nicht netzwerkt verzichtet auf unsägliche Chancen: Ein wesentlicher Erfolgsfaktor bildet das aktive und bewusste Knüpfen und Pflegen von Kontakten.

Das Businesscrossmentoring ist ja nicht neu, eigentlich schon über 20 Jahre erfolgreich am Markt, aber ein Mentoring für Junge ist neu, oder?

Bekanntlich gibt es Mentoring schon seit der griechischen Mythologie, Odysseus bat seinen Freund Mentor seinen Sohn zu betreuen und dieser wurde eben Freund, Berater und Erzieher, das kennt man, bemerkenswert ist aber, dass Mentor eigentlich kein Mann, sondern die Göttin Athene war – in Männergestalt. In unserer schneller-höher-weiter-Gesellschaft kommt dieses „unter die Fittiche nehmen“, leider viel zu kurz. Gerade die Jüngeren sind heutzutage viel unabhängiger und eigenständiger, aber es fehlt der Zugang zu erfahrenen MentorInnen. Genau diese Möglichkeit möchten wir mit unserem „Young Generation Mentoring“ schaffen.

Was waren die Triebfedern für dieses neue Programm?

Die meisten unserer Kunden sind Frauen, die aktiv Beratung und Vernetzung suchen und wir haben uns gefragt, was passiert mit den jungen Männern? Jüngere stellen eigentlich sehr früh wichtige Reflexionsfragen, wohin will ich, was will ich, welchen Sinn möchte ich erfüllen, etc. Für diese Fragen, wollen wir Schnittstelle und Austausch schaffen. Speziell jetzt in Zeiten der allgemeinen wirtschaftlichen Unsicherheit bemerken wir, dass sich viele Junge allein gelassen fühlen, sie sind auf der Suche nach Beziehungen, Vertrauen, Strukturen und das wollen wir in unserem 12-monatigen Programm anbieten und vermitteln.

Wie genau unterscheidet sich Vernetzungsunterstützung bei Jungen und schon etwas Etablierten?

Wichtig ist eine Vertrauensbeziehung in den Mentoring-Tandems, die Chemie muss einfach stimmen. Aus diesem Grund wählen wir die Mentorinnen immer passend zu den Bedürfnissen und Zielen unserer Mentees aus. In unserem Flaggschiff-Programm, dem „Business Cross Mentoring“, sind die Beteiligten in der Karriere schon fortgeschritten, also anders als im „Young Generation Mentoring“. Hier ist der vielfältige, neugierige Austausch viel zentraler, denn die Coaches sind ja oft selbst vor nicht allzu langer Zeit durch vielfältige Karriereentscheidungen gegangen. Sie bringen dadurch ganz selbstverständlich Reichweiten, Hintergründe, Sphären ein, die für Jüngere einen wertvollen Austausch mitbringen. Gezielte Nachwuchsförderung abgestimmt auf die aktuellen Herausforderungen stehen im Mittelpunkt.

Wie sieht allgemein die Zukunft der Arbeit aus? Stärkere Annäherung von Lebens- und Berufswelt?

Eine schwierige Frage in schwierigen Zeiten: Durch die Corona-Krise werden viele Errungenschaften zurückgeworfen, aber gleichzeitig neue Dinge möglich: Selbstorganisation, Vertrauen in den Teams und neue Beziehungen rücken vermehrt in den Focus. Wir alle wurden förmlich gezwungen Neues auszuprobieren, Transformation – gerade im Bereich Digitalisierung – wurde über Nacht beinahe unumgänglich. Umso stärker sind wir alle gefordert, Abgrenzungen zu managen, klassische Führungsprinzipien zu überdenken, hybride Zusammenarbeit zu ermöglichen. „Generation Management“ wird immer wichtiger, junge Nachrücker, die neu in Unternehmen anfangen, haben andere Zugänge und Einstellungen. Sicherheit und Strukturen sind wieder wichtig, der Stellenwert der klassischen Arbeitsleistung ist aber im Sinken, persönliche Freiheit, Familie und soziale Kontakte sind bedeutend und vieles mehr. Diesen Wissens- und Kulturtransfer kann man hervorragend mit Mentoring begleiten.

Wie wirken sich die aktuellen Covid-Herausforderungen auf die Mitarbeiter und Führungskräfte aus? Wovon geht man hier aus derzeitiger Erkenntnissicht aus?

Durch verbreitetes Home-Office verändert sich die Teamzusammenarbeit enorm. Verantwortungsvolle Führung, die sich fürsorglich um alle Betroffenen kümmert, die Sicherheit und Klarheit gibt, ist wichtiger denn je. Vertrauen entsteht, wenn man auf die gegenseitigen Bedürfnisse eingeht, sich unterstützt und die Verbundenheit durch gemeinsame Ziele und Werte steigert. Resilienz wird zum neuen Schlagwort, das gilt für Einzelpersonen, Organisationen und auch die gesamte Gesellschaft. Wie können Teams und Führungskräfte Flexibilität leben und gleichzeitig mentale Stabilität erreichen? Wir werden in unseren Mentoring-Programmen ab nächstem Jahr daher vermehrt auf Mental- und Resilienzstärkung setzen.

Wo liegen die Stärken der Generation Z am Arbeitsmarkt? Wo liegen die größten Herausforderungen?

Die Generation Z kennt keine wirkliche offline-Welt sie sind „always on“ in einer Welt, die sich kontinuierlich verändert, global disponiert und hoch transformativ ist. Diese Generation bringt stärkere Selbstbestimmung ein, ist Autonomie gewohnt und möchte auch von Anfang an mitbestimmen. Sie trennen, stärker als die vorherigen Generationen, wieder zwischen Job und Beruf und legen größeren Wert auf ihre Bedürfnisse.
Karriere und übermäßiger Wohlstand stehen – wie schon bei der Generation Y – nicht mehr ganz oben auf der Prioritätenliste, Zeit für die Familie, persönliche Freiheit und Spaß am Leben und Lernen sind wichtiger.
Viele Arbeitgeber bewegen sich noch in den starren, alten Strukturen und Hierarchien der Babyboomer und Generation X, aber die Generation Y ist schon in die Arbeitswelt eingestiegen, die Generation Z kommt nun auch auf den Arbeitsmarkt, sprich die Unternehmen haben hier also noch einiges vor sich.

Was wünschen Sie sich für die Berufswelt 2021 und darüber hinaus?

Wir als BIC-Bildungscenter wünschen uns natürlich mehr Frauen in Top-Positionen und das Unternehmen einfach aktiver werden um Karriere für Frauen attraktiv zu gestalten. Der zweite Wunsch ist, dass junge MitarbeiterInnen, egal von welchem Bildungsweg sie kommen, die Möglichkeit erhalten, voll und ganz in einer Tätigkeit aufgehen zu können. Junge Menschen haben noch kein berufliches Netzwerk, mit dem Young Generation Mentoring wollen wir die Jungen aktiv einbinden, sie unterstützen und motivieren. Unsere Prämisse dabei lautet: Baue dir deine Kontakte auf, bevor du sie brauchst!